Zum fünften Mal hat der MEDIENDIENST INTEGRATION in einer Recherche Daten zu Menschen mit Einwanderungsgeschichte bei der Polizei ausgewertet und veröffentlicht. Seit Jahren steigt ihr Anteil der Polizist:innen mit Migrationshintergrund kontinuierlich. Aber: In fast allen Landespolizeien und bei der Bundespolizei liegt er deutlich unter dem Anteil in der Gesamtbevölkerung.

7 von 16 Bundesländern führen Statistiken zum Migrationshintergrund von Polizist:innen. In fünf davon ist der Anteil der neu Eingestellten mit Migrationshintergrund zuletzt gestiegen (Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz). In NRW, Sachsen-Anhalt und bei der Bundespolizei ist der Anteil im Vergleich zum Vorjahr in etwa gleich geblieben.

Anteil der neu eingestellten Polizist:innen mit Migrationshintergrund gestiegen

Seit der letzten Recherche des MEDIENDIENSTES INTEGRATION im März 2021 und im Vergleich zu 2020 ist der Anteil der neu eingestellten Polizist:innen mit Einwanderungsgeschichte gestiegen. In den sieben Bundesländern, die Daten erheben, stieg der Anteil neu eingestellter Polizist:innen (Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz). Oder der Anteil blieb auf einem ähnlichen Niveau (Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt). Der Anteil der Bundespolizist:innen mit Migrationshintergrund ist gleich geblieben.

Berlin erneut Bundesland mit dem höchsten Anteil Neueinstellung an Polizist:innen mit Migrationshintergrund

Auch 2022 ist Berlin das Bundesland mit dem höchsten Anteil an neu eingestellten Polizist:innen
mit Migrationshintergrund: 37 Prozent derjenigen, die im Frühjahr ihre Polizeilaufbahn begannen,
hatten einen Migrationshintergrund. Der Anteil hat einen neuen Höchstwert erreicht und liegt
über dem Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund in Berlin (35 Prozent).
Besonders viele Menschen mit Migrationshintergrund sind im „mittleren Dienst“ der Polizei (kein
Abitur notwendig). Dort liegt der Anteil unter den neu Eingestellten bei 42 Prozent.

Gezielte Werbung um Menschen mit Migrationshintergrund

Die Mehrheit der Landespolizeien und die Bundespolizei werben gezielt um
Menschen mit Migrationshintergrund (Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen,
Hamburg, Hessen, Niedersachsen, NRW, Sachsen-Anhalt). In den übrigen Bundesländern
gibt es entweder keine gezielte Nachwuchswerbung für Polizist:innen mit
Migrationshintergrund (Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein) oder sie werben nur
um polnische bzw. tschechische Muttersprachler:innen (Brandenburg, Mecklenburg-
Vorpommern, Sachsen). In Thüringen ist eine neue Werbekampagne für Menschen mit
Einwanderungsgeschichte in

Seltener in Führungspositionen

Zum fünften Mal hat der MEDIENDIENST Daten zu Menschen mit Einwanderungsgeschichte bei der Polizei ausgewertet. Seit Jahren steigt ihr Anteil kontinuierlich. Aber: In fast allen Landespolizeien und bei der Bundespolizei liegt der Anteil der Polizist:innen mit Einwanderungsgeschichte deutlich unter dem Anteil in der Gesamtbevölkerung. Ein Repräsentationsproblem, sagt Savaş Gel, Kriminaloberrat bei der niedersächsischen Polizei gegenüber dem MEDIENDIENST INTEGRATION:

„Die Polizei muss die Bevölkerung widerspiegeln und Vielfalt als Stärke betrachten. Daher ist es so wichtig, dass die Polizei Nachwuchsgewinnung bei Menschen mit Migrationshintergrund betreibt.“

Savaş Gel, Kriminaloberrat bei der niedersächsischen Polizei gegenüber dem MEDIENDIENST INTEGRATION

Besonders selten sind Führungskräfte mit Einwanderungsgeschichte. Daten der Bundespolizei und der Polizei Niedersachsen zeigen, dass nur wenige Menschen mit Migrationshintergrund in Führungspositionen arbeiten (2,4 Prozent bzw. 4 Prozent).

Weniger Rassismus bei der Polizei?

Führt mehr Vielfalt in der Polizei auch zu weniger Rassismus in der Polizeiarbeit? Die Polizeiforscherin und Professorin an der Polizeiakademie in Niedersachsen, Astrid Jacobson, äußerte sich gegenüber dem MEDIENDIENST INTEGRATION skeptisch. „Die Organisationskultur in der Polizei ist sehr homogen. Das bedeutet: Sie sorgt eher für angepasstes Verhalten als für Vielfalt.“ Deshalb führe ein höherer Anteil an People of Color in der Polizei nicht unbedingt dazu, dass weniger Racial Profiling stattfinde. Aus der Forschung wisse man nämlich: „Menschen mit Migrationshintergrund müssen ihre Loyalität zur Polizei stärker unter Beweis stellen als ihre Kolleg*innen ohne Migrationshintergrund – und sich stärker anpassen.“

Quelle: MEDIENDIENST INTEGRATION "Mehr Polizist*innen mit Migrationshintergrund"
Titelfoto: privat

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arbeitet bei Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V. Der Begriff SEITEN:BLICK steht für die Blicke, die wir links, rechts und hinter "die Dinge" werfen wollen.

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