Rund 30.000 Kubanerinnen und Kubaner kamen zum Arbeiten und Studieren in die DDR. Einige von ihnen blieben. Eine neue Ausstellung im Auswandererhaus in Bremerhaven zeigt bis zum 28. Februar 2023 bewegte kubanisch-deutsche Lebensgeschichten.
Kubanisch-deutsche Geschichten von den 1960er Jahren bis heute
Von den rund 30.000 Kubanerinnen und Kubanern, die seit den 1960er Jahren bis zum Mauerfall für eine Ausbildung in die DDR kamen, leben einig bis heute in der Bundesrepublik. In der Sonderausstellung „… bisschen anders, aber genauso.“ erzählen zehn Frauen, Männer und ihre Kinder vom Alltag in der sozialistischen DDR. Wie erlebten sie Arbeit und Schule? Wie entstanden Freundschaften und neue Lieben? Die Friedliche Revolution im Herbst 1989 war für sie ein einschneidendes Ereignis. Ebenso einschneidend waren die von Rassismus und Nationalismus geprägten 1990er Jahre. Ausschnitte aus ihren Interviews, Erinnerungsobjekte und individuell gestaltete biografische Texte sind nun in der neuen Sonderausstellung zu sehen.
Fabriken gegen Apfelsinen
Bis 1990 wickelte Kuba 85 Prozent seines Handelsvolumens mit den Ostblockstaaten ab. Besonders die DDR lieferte ganze Fabrikanlagen, z.B. zur Energiegewinnung oder für die Zuckerindustrie. Südamerikas größte Zementfabrik – made in GDR – arbeitet bis heute auf Kuba. Als Gegenleistung erhielt die DDR Zucker, Südfrüchte und Nickel zu Vorzugspreisen. Und es kamen kubanische Arbeitskräfte in die DDR.
Vertragsarbeiter und Studenten
Meist junge Kubanerinnen und Kubaner wurden zur Ausbildung in ostdeutsche Kombinate geschickt. Die Aussichten, die berufliche Qualifikation später auf Kuba zur Erwerbsgrundlage zu machen, waren allerdings gering. Die Mehrheit der jungen Leute wurde in Textilberufen ausgebildet. Dafür gab es auf Kuba kaum Arbeitsstellen. Teile ihres Lohnes wurden sofort nach Kuba in den Staatshaushalt transferiert. Später wurde den in der DDR lebenden Kubanerinnen und Kubanern erlaubt, Kühlschränke, Motorräder oder Heimelektronik auf die Insel zu schicken.
Sichtbarkeit schaffen
„Wenn über Arbeitsmigration in die DDR gesprochen wird, werden die verschiedensten Herkunftsländer oft in einem einzigen Atemzug genannt. Mit der kubanischen Migration wollen wir einem der ‚hinteren Listenplätze‘ stärkere Sichtbarkeit verschaffen“,
Simone Blaschka, Direktorin des Auswandererhauses in Bremerhaven
Kubanerinnen und Kubaner bildeten unter den Vertragsarbeitern in der DDR eine zahlenmäßig eher kleine Gruppe. Von den insgesamt rund 93.500 Vertragsarbeitern, die 1989 in der DDR lebten, kamen nur 8.300 Menschen aus Kuba (Zum Vergleich: 59.000 kamen aus Vietnam). Letztlich blieben viele der Kubanerinnen und Kubaner nach dem Mauerfall 1989 in Deutschland.
Die Sonderausstellung als Teil des Projekts „Deine Geschichte“
„Menschen mit Wanderungserfahrung kommen nur selten als Zeitzeugen und Zeitzeuginnen deutscher Geschichte zu Wort“,
Kuratorin Lina Falivena in einer Pressemitteilung.
Die Sonderausstellung soll genau dies ändern. Es ist die erste Ausstellung des Deutschen Auswandererhauses in der Reihe „Deine Geschichte“. In dem Projekt erproben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der „Academy of Comparative Migration Studies“ am Deutschen Auswandererhaus Möglichkeiten, Migration und Migrationsgeschichte darzustellen und als Teil deutscher Geschichte zu präsentieren. Bis 2024 sollen so vier Wanderausstellungen entwickelt werden, die in verschiedenen Städten gezeigt und von einem Rahmenprogramm begleitet werden.
Kubanisch-deutsche Geschichte(n). Die Ausstellung auf Reisen
Die Ausstellung ist vom 20. November 2022 bis zum 28. Februar 2023 im Deutschen Auswandererhaus zu sehen. Der Eintritt ist im Museumseintritt enthalten. Ab dem 15. März 2023 ist die Ausstellung „… bisschen anders, aber genauso.“ in Berlin im Museum in der Kulturbrauerei, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, zu sehen.
Beide Fotos: Blicke in die Sonderausstellung „… bisschen anders, aber genauso.“ ©Deutsches Auswandererhaus Bremerhaven.