So jedenfalls titelt der WDR auf seiner Internetseite. Es geht um das neue Senderformat „Freitagnacht Jews“, das der WDR seit 23. April im WDR-YouTube-Kanal und in der ARD-Mediathek veröffentlicht. Gastgeber dieses Talk- und Dinnerformates ist der jüdische Schauspieler und Musiker Daniel Donskoy.

Dinner und Diskus bei „Freitagnacht Jews“

Veröffentlicht werden die Folgen immer freitags, zum jüdischen Feiertag Schabbat. Das Schabbbatmahl, das in den meisten jüdischen Familien eine wichtige Rolle spielt, nimmt Donskoy gemeinsam mit seinen Gästen ein. Hier bittet er andere prominente Juden in Schabbat-Tradition am Freitagabend bei selbst gekochtem Essen zu Tisch. Zum Essen schenkt Donskoy die Gläser in bester Gastgebermanier immer wieder voll. Randvoll.

Beim gemeinsamen Essen sprechen sie über ihr jüdisches Leben und Erleben. Sie teilen ihre Gedanken zum Thema Herkunft und Identität. Kontrovers, provokant, aber mit Sinn für Humor. In „Freitagnacht Jews” spricht der Schauspieler Daniel Donskoy mit seinen Gästen u.a. über das Jüdischsein und über Integration in Deutschland. Oder, darf Judentum sexy sein? Und müssen wir den Holocaust ständig tabuisieren? Und was bedeutet es eigentlich, sich zu Hause zu fühlen? Nachhaltigkeit, Feminismus und Queerness: Werte, die laut der angehenden Rabbinerin Helene Braun keine Option, sondern fester Bestandteil des heutigen Judentums sein sollten.

Die Erfahrungen mit dem Jüdischsein sind unterschiedlich. Aber am Ende steht vor allem eines: Verständnis füreinander zu entwickeln und eine neue Perspektive auf das Wort „Jude“ zu werfen.

Daniel Donskoy – hipper Gastgeber mit Tiefgang

Locker und lässig, auf diesen Eindruck legt das Format generell wert. Das Ambiente zwischen Gartenlaube und Weindinner kommt betont cool und hip daher. Das gilt auch für den Gastgeber, Daniel Donskoy. Er wirkt, als sei er einem Musikvideo entsprungen. Seine Outfits – roter Anzug, weit ausgeschnittenes Unterhemd, Goldkettchen und Siegelringe. Der in Moskau geborene Jude Donskoy, wuchs in Berlin und Tel Aviv auf. Der Schauspieler wirkte schon im »Tatort« sowie in der Netflix-Serie »The Crown« mit.

Donskoy wolle anders als in politischen Talkshows den Menschen mit offenem Herzen begegnen. Es gehe ihm um weitaus mehr, als ein weiteres eindimensionales Porträt über Jüdinnen und Juden. Er mache den Versuch, einen facettenreichen Blick in diese – oft in scharfem Licht gesehene – Minderheit zu ermöglichen. Nicht von außen, sondern aus dem Kern heraus.

Zu diesem Kern gehört z.B. auch, dass jüdisch nicht automatisch gleichzusetzen ist mit Religion. „Ich bin Atheist“, sagt Donskoy gleich in der ersten Sendung mit der Schriftstellerin Mirna Funk und der Schauspielerin Susan Sideropoulos. Er lebe sein Jüdischsein weniger aus, „aber ich fühle es.“ Auch seine Gäste bestätigen dieses Gefühl.

„Freitagnacht Jews“. WDR-Schwerpunkt zum Thema »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland«

Der Produzent der Sendung, David Hadda, sagt in einem Interview: »Wir haben im Herbst 2020 zusammen mit dem WDR begonnen, „Freitagnacht Jews“ zu entwickeln. Uns ist es wichtig, die gegenwärtigen Lebenswirklichkeiten von Juden in Deutschland in einem Entertainment-Format aufzuzeigen, das Vielfalt und Diversität innerhalb der jüdischen Community zelebriert.«

Kluger Hipster-Schabbat

Tatsächlich gelingt es „Freitagnacht Jews“, eine neue Perspektive auf jüdisches Leben in Deutschland zu geben – und kommt dabei fast ganz ohne Schwere aus. Der historische Ballast lässt sich nicht ignorieren, deshalb wird er akzeptiert. Und um Stereotype zu überwinden, hilft es, neue Bilder hinzuzufügen. Es ist ein Weg raus aus der Schublade.

Und noch eines gelingt diesem Format. Als Zuschauerin fühle ich mich wie bei einem geselligen Abend unter Freunden. Ich möchte hier tatsächlich mit am Tisch sitzen. Interessante und kluge Gespräche bei einem Glas Wein führen. Und am Ende mit dem Gefühl nach Hause gehen: Dieser Abend war bereichernd.

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arbeitet bei Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V. Der Begriff SEITEN:BLICK steht für die Blicke, die wir links, rechts und hinter "die Dinge" werfen wollen.

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