Das Ramadanfest (oder auch Zuckerfest) wird überall auf der Welt unterschiedlich gefeiert. Unterschiedliche Kulturen haben auch unterschiedliche Ramadan- und Festtagstraditionen. Doch bestimmte Rituale haben alle feiernden Muslime gemeinsam. Da ist es egal, ob sie nun aus Deutschland, Marokko, Gambia, Malaysia oder aus dem Libanon kommen und hier oder dort leben. Am Festtagsmorgen werden die schönsten Gewänder (auch Blusen, Hemden oder Kleider) angezogen und sich besonders herausgeputzt. Danach geht es vorzugsweise zu Fuß zum gemeinschaftlichen Festtagsgebet. Und bereits auf dem Weg dorthin werden Festtagsgebete gesprochen bzw. gesungen. Man beglückwünscht sich gegenseitig zum Ramadanfest und meistens wird Gebäck oder Ähnliches verteilt. Was darüber hinaus veranstaltet wird, variiert von Kultur zu Kultur, von Familie zu Familie, wenn nicht sogar von Person zu Person. 

Ramadanfest in Berlin

In Berlin haben sich durch die bunte Mischung der Muslime verschiedene Ramadanfest-Traditionen entwickelt. Nach den Gebeten und dem Frühstück gehen viele Familien, so auch meine, zum Friedhof und besuchen ihre Verstorbenen. Andere gehen neue Kleidung shoppen und besuchen Verwandte am Abend. Wiederum andere treffen sich mit ihren Freunden zum Brunch. Einige Gemeinden organisieren Feste in den Moscheen oder in Veranstaltungssälen, die für alle offen sind.

Mein persönliches Highlight zum Ramdanfest

Mein persönliches Highlight ist das alljährliche Festtagsgebet in einem Eventsaal in Kreuzberg. Es wird von einer engagierten Gemeinde organisiert. Normalerweise nehmen mein Mann und ich jedes Jahr teil und treffen dort viele Freunde. Wir begegnen vielen Bekannten und auch neuen Gesichtern mit den verschiedensten Hintergründen.

Jedes Jahr ist der Anblick von unterschiedlicher traditioneller Festtagskleidung ein Grund für mich zur Freude. Ob es sich nun um bunte Gewänder aus West- oder Nordafrika handelt, um komplett weiße oder schwarze Gewänder, um schicke Hemden und Blusen oder wunderschön verzierte Kopftücher und Turbane handelt. Immer wieder erinnert es mich daran, wie schön es sein kann, wenn verschiedene Menschen zum Feiern und zu schönen Anlässen zusammenkommen. Familien, Freundeskreise und auch alleinstehende oder sonst einsame Menschen kommen an einem Ort zusammen. Sie freuen sich, dass sie ein weiteres Jahr die Schule des Ramadans besuchen durften und das Gefühl der Dankbarkeit einen Monat lang auffrischen konnten.

Da neben unserem Glauben unsere große Gemeinsamkeit die deutsche Sprache ist, wird die Predigt auf Deutsch gehalten und sich auch auf Deutsch beglückwünscht. Danach gibt es ein Buffet, das genauso bunt ist wie wir. 

Nachdem wir dort gebetet, uns gegenseitig beglückwünscht und uns vernetzt haben, trinken wir einen Kaffee mit unseren Freunden. Dann treffen wir uns auf dem Friedhof mit der Familie, besuchen unsere Verstorbenen und verbringen den restlichen Tag gemeinsam. Kleine Geschenke, wie z.B. besondere Parfüms oder ein wenig Taschengeld für die Kinder der Familie gibt es bei uns auch. 

Ramadan und Ramadanfest in der Pandemie

Dieses Jahr müssen wir leider auf das meiste verzichten, wie wir es bereits während des Ramadans getan haben. Mit dem Verzicht auf größere familiäre oder freundschaftliche Zusammenkünfte fällt ein wesentlicher Bestandteil des heiligen Monats und der Festtage weg. An die Stelle eines Verbundenheitsgefühls durch das gemeinsame Fastenbrechen und Beten tritt nun eine Verbundenheit durch Einsamkeit und Trauer.

Dieses Jahr hat die Pandemie den Ramadan für viele deutlich beeinflusst und sie macht das Zuckerfest bitter. Der Verzicht auf die Gemeinschaft kostet nicht nur Spaß und Freude. Viele zahlen mit einer Glaubenskrise, denn der Ramadan dient in der Regel auch dazu, in der Gemeinschaft spirituell neu aufzutanken. Darüber hinaus erschweren politische und gesellschaftliche Entwicklungen die Situation. Lauter werdende Stimmen auf der Suche nach einem Sündenbock lösen Ängste aus, die neben den bereits vorhandenen Ängsten vor der Pandemie existieren.

Meine besondere Bitte in diesem Ramadan

Diesen Ramadan habe ich zu meinen Gebeten die Bitte hinzugefügt, dass Gott uns Dankbarkeit für unsere Privilegien schenkt, Er unsere Gesellschaft vor weiterem Hass und Spaltung schützen möge. Und dass wir lernen, anstatt unsere Schwachen zu beschuldigen, ihnen unter die Arme zu greifen.

Mit der Hoffnung auf bessere Umstände im nächsten Jahr, wünsche ich allen Feiernden ein gesegnetes Fest!

Verlinkt in :

Über den Autor

Kausar El-Hussein

Kausar El-Hussein ist Masterstudentin der Englischen und Französischen Philologie und angehende Lehrerin.

Alle Artikel anzeigen