Die Ortsgeschichte, in diesem Fall die Geschichte zweier Aufnahmelager für Geflüchtete, kann spannende Perspektiven auf Migration auf der Mikroebene bieten, aber auch gesamtgesellschaftliche und historische Zusammenhänge verdeutlichen. Die im folgenden vorgestellten Orte spielten und spielen noch in der Gegenwart eine Rolle in den Migrationsgeschichten von zahlreichen Menschen und stellen dies in ihren Dauerausstellungen dar.

„Flucht im geteilten Deutschland“ – Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde

© Stiftung Berliner Mauer, Gesa Simons

Ortsgeschichte

Die Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde, die als Museum zum Thema Flucht im geteilten Deutschland eingerichtet wurde, liegt auf dem Gelände des ehemaligen Notaufnahmelagers für Flüchtlinge und Übersiedler*innen aus der DDR.

Im Notaufnahmelager Marienfelde ist die Vergangenheit und Gegenwart von Migrationsgeschichte an einem Ort versammelt. Denn von den circa vier Millionen Menschen, die zwischen 1949 und 1990 Richtung Westen die DDR verließen, durchliefen 1,35 Millionen das Notaufnahmelager in Westberlin. Das Lager war die erste Anlaufstelle und Ort der Unterbringung sowie Kontrolle und Befragung der Neuankömmlinge. Das Aufnahmeverfahren, das die Menschen hier durchliefen, war notwendig, um eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Zudem leben auch heute auf dem Gelände Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten, unter anderem aufgrund von Verfolgung, Krieg und Armut. Das Übergangswohnheim für Geflüchtete ist aktuell Unterkunft für Menschen aus mehr als zehn verschiedenen Ländern. Dieser Aspekt der Ortsgeschichte wird in der Erinnerungsstätte unter anderem durch Sonderausstellungen, Bildungsangebote und in Veranstaltungen thematisiert.

Ausstellung

Die Dauerausstellung „Flucht im geteilten Deutschland“ im historischen Gebüde des Notaufnahmelagers dokumentiert die Ortsgeschichte sowie die Ursachen, Folgen und den Verlauf der innerdeutschen Migration zwischen 1949 und 1990. Auch das Aufnahmeverfahren und der Alltag im Lager wird thematisiert.

In der rund 450 m² großen Ausstellung wird in sieben Themenräumen mit zahlreichen originalen Objekten, Dokumenten, Fotografien, Biografien, persönlichen Erinnerungsstücken und Medienstationen gearbeitet. Man wird dazu eingeladen, sich mit Fragen zu beschäftigen wie: „Was waren ihre Gründe, die DDR zu verlassen? Wie gelang es ihnen, die Grenze trotz Verbot und Kontrolle zu überwinden? Vor welchen Herausforderungen standen sie nach ihrer Ankunft im Westen?“

Durch die Ausstellung gibt es öffentliche sowie buchbare Führungen und die Erinnerungsstätte bietet eine Vielzahl an Workshops, Projekten, Fortbildungen und Vorträgen an. Thematisch fokussieren sich die Bildungsangebote auf die Flucht im geteilten Deutschland, die Ortsgeschichte, Zeitzeugenarbeit und bieten Zugänge zu historischen und aktuellen gesellschaftspolitischen Fragen.

Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde
Marienfelder Allee 66/80
12277 Berlin

Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag (9–17 Uhr) und Samstag und Sonntag (11.30–17 Uhr)

„Fluchtpunkt Friedland. Über das Grenzdurchgangslager, 1945-HEUTE“ – Museum Friedland

© Museum Friedland, Foto: Swen Pförtner

Ortsgeschichte

Auch das Museum Friedland liegt an einem einzigartigen Ort der Migrationsgeschichte Deutschlands: Das Grenzdurchgangslager Friedland. Von 1945 bis heute gelangten mehr als vier Millionen Menschen über Friedland in die Bundesrepublik Deutschland. Zu den Passierenden des Lagers gehörten Menschen die geflüchtet sind, vertrieben oder ausgewiesen wurden, entlassene Kriegsgefangene, Displaced Persons sowie Aussiedler:innen und Spätaussiedler:innen.

Gegenwärtig wird das Grenzdurchgangslager als Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende und jüdische Zuwanderer:innen in Niedersachsen und bundesweite Erstaufnahmestelle für Spätaussiedler:innen genutzt. Das Museum und das ehemalige Grenzdurchgangslager sind somit ebenfalls eine Verbindung von Geschichte und Gegenwart. Das Lager ist Zeuge der Folgen des Zweiten Weltkriegs, der deutschen Teilung sowie der weltweiten Krisen der Gegenwart. Es zeigt den politischen und gesellschaftlichen Umgang mit der Aufnahme von Menschen an unterschiedlichen Punkten der deutschen Geschichte. Diese Aspekte prägen auch die Arbeit des Museums und fließen in die Ausstellung mit ein.

Ausstellung

In der 2016 entstandenen Ausstellung „Fluchtpunkt Friedland“ wird die Geschichte des Durchgangslagers von 1945 bis in die Gegenwart beleuchtet. Im historischen Bahnhof, wo sich die Ausstellung befindet, wird mithilfe von historischen Objekten, modernen Medien und persönlichen Geschichten die Bedeutung und Funktionsweise des Lagers im Laufe der Geschichte erklärt. Neben der Ortsgeschichte befassen sich Abschnitte der Ausstellung auch mit den Ursachen für Fluchtbewegungen sowie sozio-politischen Lösungsversuchen.

Während man die Wege derer nachverfolgt, die hier über die Jahrzehnte angekommen sind, werden Fragen aufgeworfen wie: „Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen? Wie kommen sie nach Deutschland? Wie werden sie aufgenommen? Wer kann bleiben?„.

Neben öffentlichen und buchbaren Führungen durch die Ausstellung bietet das Museum ein umfangreiches Bildungsangebot für Schulklassen sowie für Auszubildende, Studierende und Projektgruppen. Die teilweise auch im digitalen Format angebotenen Workshops behandeln die Ortsgeschichte sowie die Themen Flucht und Migration, interkulturelle Kompetenzen, Integration und gesellschaftliche Teilhabe.

Museum Friedland
Bahnhofstr. 2
37133 Friedland

Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag (10–18 Uhr) 

Quellen:
https://www.stiftung-berliner-mauer.de/de/notaufnahmelager-marienfelde/besuch/ausstellungen/flucht-im-geteilten-deutschland
https://www.stiftung-berliner-mauer.de/de/notaufnahmelager-marienfelde/historischer-ort/die-erinnerungsstaette
https://www.museum-friedland.de/museum/ausstellung/dauerausstellung/
https://migrations-geschichten.de/77-jahre-gdl-friedland-migrationsgeschichte-als-ortsgeschichte/
https://www.hsozkult.de/exhibitionreview/id/reex-130760
Titelbild: 
Vorlage - Gerd Altmann auf Pixabay
Bild 1 - Lager Friedland 1958; Bundesarchiv, B 145 Bild-F005100-0009A, Egon Steiner, CC
Bild 2 -  Raphael Silva + ArtRose auf Pixabay
Bild 3 - Notaufnahmelager Marienfelde 1958; Bundesarchiv, B 145 Bild-F005835-0004, Simon Müller, CC

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