Vor 33 Jahren wurde das Amt für multikulturelle Angelegenheiten (kurz: AmkA) in Frankfurt am Main eingerichtet. Als erste kommunale Behörde in Deutschland kümmerte sich das AmkA fortan als Querschnittsamt um Belange im Bereich Migration und Integration. Den unterschiedlichen Communities im Stadtgebiet sowie anderen Behörden und Dezernaten der Stadt steht es als Berater und Vermittler zur Seite. Dafür erhält die Behörde inzwischen Deutschlandweit Anerkennung. Dabei war die Einrichtung des Amtes in den Anfangsjahren äußerst umstritten.

Aller Anfang ist schwer: das AmkA vor 33 Jahren

Kritik gegenüber des AmkAs kam in den Anfangsmonaten und -jahren von vielen Seiten: Den einen galt das Thema Migration und Integration als zu nebensächlich für die Einrichtung einer eigenen Behörde, den anderen erschien die Interessenvertretung von staatlicher Seite schlicht als unangemessen. Kann sich ein Amt dezidiert für die Belange von unterschiedlichen Diasporagemeinden einsetzen? Wenn ja: wie und wo führt das hin?

Als der damals neu gewählte Abgeordnete der Grünen, Daniel Cohn-Bendit, im September 1989 den Stadtrat von der Notwendigkeit eines eigenen Dezernates und Amtes für Integrationsfragen überzeugen konnte, lag der Anteil der Frankfurter Stadtbevölkerung mit ausländischem Pass bei 29%. Gemeinsam mit Berlin bildete Frankfurt dementsprechend die Spitze der multikulturellsten Städte in Deutschland. Aber auch andere Orte waren zu diesem Zeitpunkt bereits stark von Migration geprägt. Derweil distanzierten sich Parteien der politischen Mitte hartnäckig gegen die Bezeichnung Deutschlands als „Einwanderungsland“. Die mangelnde Anerkennung der Migrationsbewegungen nach Deutschland bedeutete dabei praktisch die Nicht-Anerkennung und den Ausschluss der nicht-deutschen Bevölkerung. Mit dem Amt für multikulturelle Angelegenheiten sollte sich in den folgenden Jahrzehnten dieser politische Tenor zugunsten einer offenen und diversen Stadtgesellschaft in Frankfurt am Main verändern.

Das „Frankfurter Modell“ als Vorreiter

Um die Jahrtausendwende wandelte sich die Behörde schließlich zu einer weithin anerkannten Institution inner- wie außerhalb der Stadt. Zum Erfolg des Amtes trug nicht zuletzt die eigene diverse, personelle Zusammensetzung und Kompetenz sowie der intensive Austausch mit verschiedenen lokalen Vereinen und Organisationen bei.

Dabei orientierte sich die Arbeit des AmkAs ab Beginn der 1990er Jahre an zwei Leitlinien, dem sogenannten Frankfurter Modell. Zum einen beinhaltete das Modell die Forderung an Politik und Mehrheitsgesellschaft, zugewanderte Personen als mündige Bürger:innen anzuerkennen und einen Integrationsprozess anzustreben, der nicht dem Ziel einer einseitigen Assimilation folgt. Zum anderen appellierte das AmkA aber auch an Zugewanderte, sich dem vorherrschenden Rechtssystem und „inländischen Strukturen“ anzupassen.

Es gilt, die vorhandene Multikulturalität wahrzunehmen und Wege des Zusammenlebens zu finden, die für alle akzeptabel sind. Es gilt auch, die Grenzen kultureller Divergenz auf der Grundlage von Menschenrechten und der Verfassung dieses Staates zu bestimmen. Die politisch Verantwortlichen der Stadt wenden sich gegen Rassismus und jegliche Form der Diskriminierung von Deutschen und Zuwanderern.

Das „Frankfurter Modell“, dargestellt von Daniel Cohn-Bendit zum zwanzigsten Jubiläum des AmkAs 2009.

Dazu bot und bietet das AmkA bis heute unterschiedliche Hilfeleistungen, wie beispielsweise Sprach- und Integrationskurse, aber auch unterschiedliche Strategien und Anlaufstellen für Konfliktmanagement an. Mit Beginn der 2000er Jahre erreichten solche Projekte auch die Bundesebene. Zugleich verschob sich die Debatte um die Bezeichnung Deutschlands als „Einwanderungsland“ beziehungsweise „Einwanderungsgesellschaft“ innerhalb führender politischer Parteien zugunsten einer offenen Anerkennung und Befürwortung der Migration nach Deutschland.

Alte und neue Aufgaben des AmkAs

Im Jahr 2021 haben 54% der gemeldeten Frankfurter:innen einen Migrationshintergrund. Darunter fallen viele Neuzugewanderte, aber auch Deutsche deren Eltern oder Großeltern bereits vor mehreren Jahrzehnten nach Deutschland gezogen sind. Neben Erfolgsgeschichten, die für gelungene Integrationsprozesse sprechen, sind viele Communities weiterhin von Diskriminierung in verschiedensten Ausprägungen betroffen.

Das AmkA ist inzwischen nicht mehr die einzige, aber weiterhin die größte kommunale Behörde, die sich für eine diverse Gesellschaft und gegen Diskriminierung engagiert. Heute zählt es ca. 60 Mitarbeiter:innen. So vielfältig wie die Stadtgesellschaft und die eigene Zusammensetzung bleibt dabei das Aufgabenfeld der Behörde. Neben Kursen und Beratungsangeboten, Studien und Stadtplanungs-Projekten stellt das AmkA unter anderem Räumlichkeiten für Veranstaltungen von Vereinen, Initiativen und Communities. Ihr Angebot richtet sich dabei sowohl an Menschen mit einer Migrationsgeschichte innerhalb der Familie als auch an Deutsche ohne solche Kontaktpunkte. Im Veranstaltungsort stadtRAUMfrankfurt begegnen sich Menschen unterschiedlicher Herkunft und Perspektiven. Als Frankfurterinnen und Frankfurter gestalten alle gemeinsam das Zusammenleben in ihrer Stadt mit.

Titelbild: Bekannt ist Frankfurt am Main unter anderem für seine Skyline. Besonders hoch ist in der Rhein-Main-Metropole auch der Bevölkerungsanteil mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit beziehungsweise Herkunftsgeschichte. Als Frankfurterinnen und Frankfurter gestalten alle gemeinsam das Leben in der Stadt. 
Foto: CC BY-SA 4.0. 

Über den Autor

Ines S.

Ines studiert Public History an der Freien Universität Berlin.

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