Wir sitzen in der Pannierstraße in einem Café. Die „Schawarmajagd” mit einer 11. Klasse ist im vollen Gange, wir warten auf die letzte Gruppe. Wir sind in der High-Deck-Siedlung in Berlin Neukölln. Zusammen mit einer Jugendgruppe arbeiten wir an einer Fotoserie, die Jugendlichen machen eine Wasserpistolenschlacht. Wir filmen in einem Park in Tempelhof, eine Jugendliche interviewt ihren Vater, danach spielen sie zusammen Fußball. Wir sind mitten im Projekt kiez:story.

Zusammen mit der Fellow Crew machten wir 2020 einen Graffiti-Workshop, Bild:
Fellow Crew

kiez:story. Ein medienpädagogisches Projekt der politischen Bildungsarbeit

kiez:story ist ein medienpädagogisches Projekt der politischen Bildungsarbeit, welches seit 2020 durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!” gefördert und durch ufuq.de und medialepfade. e.V. umgesetzt wird. Zusammen mit Jugendlichen geht es auf Spurensuche im eigenen Kiez und in ihren Familien. Dies geschieht innerhalb von mehrtägigen Workshops, die an Schulen und in außerschulischen Jugendeinrichtungen angeboten werden. Unsere Workshops werden an den Kontext, in dem sie stattfinden, angepasst. Dabei ist uns der Kiezbezug besonders wichtig. Ziel ist es, Familien- und Kiezgeschichten zu erforschen, Migrations- und migrantisierte Geschichten sichtbar zu machen und Diskurse zu pluralisieren.

Das Projekt wird vor allem in Kiezen sozial benachteiligter Stadtteile wie der Gropiusstadt, Nord-Neukölln, Wedding oder Hellersdorf durchgeführt. Es richtet sich dabei an alle Jugendlichen und folgt einem inklusiven Ansatz: Alle haben eine Geschichte zu erzählen!

Mit kiez:story unterwegs in der High-Deck Siedlung für einen Fotoworkshop, Foto: Cem
Kavaklioglu

Jugendlichen bei ihren eigenen Interessen abholen

Die selbst entwickelten Methoden haben den Anspruch, die Jugendlichen bei ihren eigenen Interessen abzuholen und gleichzeitig niedrigschwellig, sowie partizipativ zu sein. Mehr dazu gibts es in unserer Ende 2022 veröffentlichten Handreichung  “Multidirektionale politische Bildung in Zeiten von Flucht und Krieg

Aus dieser Arbeit sind bisher viele spannende Ergebnisse entstanden, in denen jugendliche Expert:innen inspirierende Themen aufgegriffen und Einblicke in ihre Alltagswelt gewährt haben. Neben der Auseinandersetzung mit der Kiezgeschichte und der eigenen Biografie wurden den jugendlichen Expert:innen Fähigkeiten und Methoden mit auf den Weg gegeben, um ihre „Spurensuche“ zu meistern. Dazu gehören eine thematische Auseinandersetzung mit Themen wie Migration und Flucht, aber auch praktische Kompetenzen wie Interviewführung, Fotografie und Videoschnitt.

Partizipation von Jugendlichen im Projekt kiez:story

Durch eine Aufwandsentschädigung wird gerade die Partizipation von Jugendlichen ermöglicht, die oftmals von kultureller Bildung ausgeschlossen bleiben – zugleich spiegelt dies auch den Projektansatz, die Jugendlichen als „Expert:innen“ ihrer eigenen Geschichte zu betrachten. Im Rahmen der ehrenamtlichen Projektarbeit sind sie bereits in die Konzeption eingebunden und können selbst Themen auswählen, die sie bearbeiten möchten. Während des gesamten Produktionsprozesses haben sie Einblick und Mitspracherecht. Die so entstehenden Medienprodukte können sehr persönlich sein – müssen es aber nicht. Das Projekt bietet immer auch die Möglichkeit, sich hinter der Kamera einzubringen oder im Off zu bleiben. In den Einverständniserklärungen wird zudem darauf hingewiesen, dass die Jugendlichen auch nach der Veröffentlichung das Recht haben, die Löschung ihrer Werke zu verlangen. Sie haben jederzeit das letzte Wort.

Das Projekt versucht ehemalige Teilnehmende auch für neue Projektumsetzungen zu gewinnen. So konnten „jugendliche Expert*innen“ auch als Referent*innen für neue Workshops gewonnen werden. Damit bietet das Projekt oftmals sozial benachteiligten Jugendlichen konkrete Berufsperspektiven im Bereich der politischen Bildung und Medienpädagogik.

Ergebnisse von kiez:story

Die Umsetzung von “Meine Story” auf unserer Ausstellung 2021, Bild: Shrin Esione

Die Ergebnisse der schulischen und außerschulischen Projekten sind schließlich in einer audiovisuellen Ausstellung zu sehen. Als Ehrengäste präsentieren sie zum Teil ihre eigenen Arbeiten vor einem begeisterten Publikum und erfuhren so Anerkennung und Selbstermächtigung.

Die Ergebnisse der Workshops, Videoserien und Fotoserien werden auch dieses Jahr wieder auf unserem Fachtag und der dazugehörigen Ausstellung präsentiert. Diese finden am 28.09.2023 im Aquarium, in der Skalitzerstraße 6, 10999 Berlin, statt.

Mehr Informationen zum Projekt und wie Ihr Eure Storys zum Projekt beitragen könnt, findet ihr unter https://kiezstory.berlin/das-projekt/

Über den Autor

Vanesa Hadergjonaj

arbeitet im Projekt kiez:story.als Social Media Redakteurin.

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