Seit Jahren tobt in den Niederlanden ein Streit um die schwarz bemalten Helfer des Sankt Nikolaus. Auch ein Kompromiss konnte bisher keinen Frieden zwischen Anhängern und Gegnern des Zwarte Piet stiften. Die Fronten sind verhärtet. Kern der Debatte ist das sogenannte Blackfacing.
Alle Jahre wieder
Wenn nicht gerade Corona ist, ziehen in den Niederlanden schon Wochen vor dem 5. Dezember in nahezu jeder Ortschaft weißbärtige Sinterklaas hoch zu Ross durch die Straßen. Mit viel Pomp und Getöse wird er empfangen – ein beliebtes Volksfest vor allem für Kinder. Doch das Problem ist nicht der Sinterklaas, es ist sein Gefolge. Die Zwarte Pieten mit ihren rabenschwarz angemalten Gesichtern, dicken roten Lippen, goldenen Ohrringen und Kraushaarperücken. Seit einigen Jahren macht eine wachsende Masse von Niederländern auf den Rassismus der in der Figur des Zwarte Pieten steckt, aufmerksam. Und sie wehren sich dagegen. Mittlerweile kommt es zwischen ihnen und den Traditionalisten zu heftigen Spannungen – bis hin zu Morddrohungen.
Zwarte Piet – Inspiriert vom Kolonialismus
Piet-Anhänger verorten die Figur in vorchristlichen Traditionen. Somit sei er also viel älter als der Kolonialismus und könne schon deswegen nicht als rassistisch interpretiert werden.
Tatsächlich jedoch taucht die Figur des Zwarte Piet erstmals 1850 in einem bebilderten Kinderbuch des Lehrers Jan Schenkmann auf. Abgebildet sind Sinterklaas mit einem schwarzen Diener. In einer zweiten Ausgabe von 1858 erscheint er in einer Pagenuniform mit Puffhose und Barett. Jene Jahre zählten zur Hochzeit des niederländischen Kolonialismus. Erst 1863 wurde die Sklaverei in den Kolonien abgeschafft. E liegt also nahe, dass sich die rassistischen Vorstellungen der damaligen Zeit auf die Figur des Nikolaus-Helfers übertrugen. Der Autor Jan Schenkmann wiederum, hat den „Knecht“ nicht erfunden; es gibt schon frühere Hinweise. Aber er hat ihn kanonisiert.
Kontoversen um den Zwarte Piet und Blackfacing
Dunkelhäutige Niederländer und Aktivisten hatten bereits 2011 gegen den Brauch demonstriert. Doch den größten Wirbel löste 2013 ein Uno-Menschenrechtsausschuss unter der Leitung der Jamaicanerin Verene Shepherd aus. Shepherd fühlte sich an die Zeiten der Sklaverei erinnert und forderte eine Abschaffung des „Blackfacing“-Festes. Unter Befürwortern des Schwarzen Peters brach daraufhin ein Sturm der Entrüstung los, es hagelte Kritik an den Rassismus-Vorwürfen, eine Gilde zur Beibehaltung der Tradition wurde gegründet. 2014 bezeichnete ein Amsterdamer Verwaltungsgericht die Figur als „negative Stereotypisierung des schwarzen Menschen“. Der Brauch schien endgültig seine Unschuld zu verlieren. Doch verboten wurde er nicht, wie ein höheres Gericht im selben Jahr entschied.
Die Suche nach einem Kompromiss
Seit mehreren Jahren stehen sich nun zwei Meinungsgruppen gegenüber. Die den Zwarte Piet als rassistische Karikatur betrachten, und jene, die darin ein geliebtes Stück Kultur sehen. Dabei scheint die Gesellschaft allerdings langsam umzuschwenken. Laut einer Umfrage von 2018 ist nur noch jeder zweite Niederländer dafür, dass der Schwarze Peter schwarz bleibt. Zwei Jahre zuvor waren es noch 65 Prozent. Zum ersten Mal entschied das niederländische Fernsehen 2019 zudem, nur noch sogenannte Roetveegpieten auftreten zu lassen: weisse Pieten mit schwarzen Russflecken im Gesicht. Aus einigen niederländischen Städten hier es, man wolle bei Umzügen bald nur noch auf die Kompromissfigur mit dem Kaminkehrer-Look setzen.
Neueste Entwicklung 2020 – Facebook will „Zwarte Piet“ verbannen
Mitte August 2020 verkünderte die Internetplattform Facebook, sie wolle vermehrt gegen Diskriminierung vorgehen. „Blackfacing“ und Hass-Posts sollen gelöscht werden. Betroffen ist auch der „Zwarte Piet“. Bilder des niederländischen Nikolaus-Helfers sollen künftig nicht mehr gezeigt werden.
Damit verschärft Facebook die Gangart gegen rassistische Stereotypen. Es will deshalb Fotos von Weißen mit schwarzer Schminke im Gesicht, dicken Lippen und Kraushaarperücke von der Plattform verbannen. „Solche Inhalte verstießen schon immer gegen den Geist unserer Regeln“, betonte Facebook-Managerin Monika Bickert.
In den sozialen Netzwerken wurde zum Teil heftig auf die Regelung reagiert und von einem „Angriff auf die Meinungsfreiheit“ gesprochen. Anti-Rassismusorganisationen loben hingegen das „positive und ermutigende Signal“.
Was vor 2000 Jahre nichts mit Rassismus zu hatte, bedeutet nicht, dass es heute auch nichts damit zu tun hat
Schlussendlich ist der Ursprung des Zwarte Piet irrelevant. Selbst wenn er vor 2000 Jahren nichts mit Rassismus zu tun hatte, bedeutet das nicht, dass er heute nichts mit Rassismus zu tun hat.