Die Unterstützung demokratischer Bewegung aus dem Ausland in diktatorischen oder autokratischen Staaten ist aktueller denn je. Schauen wir etwa auf die belarussische Bürgerrechtlerin Maryja Kalesnikawa. Bis 2020 lebte die Musikerin in Deutschland und schloss sich dann der belarussischen Demokratiebewegung an. Seit Herbst 2020 sitzt sie in Belarus in Haft.
Teil I dieses Beitrags ist hier zu finden.
Früher Fernsehen, heute Social Media
Wer sich in Russland aktuell gegen den Kreml und seinen Angriff auf das Nachbarland stellt, begibt sich in Gefahr. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sind zahlreiche Russ:innen aus ihrem Heimatland geflohen, auch nach Deutschland. Im Mai 2022 waren es schätzungsweise zwischen 200.000 und 500.000 Regimegegner:innen, Oppositionelle und Andersdenkende, die sich mit der russischen Führung nicht gemeinmachen wollen – inzwischen ist die Zahl gestiegen.
Von Deutschland aus versuchen einige von ihnen, sich für ein „freies Russland“ einzusetzen. Während die Unterstützung der Oppositionsbewegungen im Kalten Krieg hauptsächlich über Funk, Fernsehen und Printmedien geschah und verbotene Vervielfältigungsgeräte geschmuggelt wurden, verlagert sich die Unterstützung heute in den Bereich der Sozialen Medien.
Intrinsischer Drang nach Freiheit
Einer, der geflüchtet ist, aber unermüdlich nach Russland hineinsendet, ist der Journalist Maksim Kurnikov. Er war stellvertretender Chefredakteur des im März 2022 in Russland verbotenen Radiosenders Echo Moskwy. Die Mitarbeitenden machten auf Youtube weiter, auch in Telegram-Kanälen. Heute lebt Kurnikov in Berlin, wo er an ein Netzwerk aus Journalist:innen anknüpfen konnte und eine YouTube-Sendung produziert. Materielle Unterstützung, die früher bei der Unterstützung der Opposition noch eine wichtige Rolle spielte, wird heute über den bargeldlosen Zahlungsverkehr ins Ausland geregelt.
Fakt ist, für Betroffene mit eigenen Erfahrungen von Repression und Flucht aus einem diktatorischen oder autokratischen Staat liegt die intrinsische Motivation nahe, sich für die Demokratie- und Freiheitsbewegung in der alten Heimat zu engagieren. Eine wichtige Grundlage für dieses Engagement sind damals wie heute die freien Medien in der neuen Heimat; in der Demokratie ist diese Freiheit gesichert.
Medienberichte über die Situation in Diktaturen sind Schaufenster in ein geschlossenes Land, mit deren Hilfe die Welt über die Realität des Alltags und der Politik aufgeklärt wird. Gleichzeitig strahlen diese Berichte zurück in das Heimatland und schaffen dort eine Öffentlichkeit, die diktatorische Staaten unterbinden.
Unterstützung damals und heute
Darüber hinaus zeigt der Blick in die Geschichte, dass oppositionelle Gruppen, die sich in diktatorisch oder autokratisch regierten Ländern für die Demokratisierung ihres Landes einsetzen, direkte und indirekte Unterstützung in ideeller, finanzieller und materieller Form aus dem demokratischen Ausland benötigen. Dabei ist die ideelle Unterstützung nicht zu unterschätzen. Sie gibt den Befürwortern von Demokratie und Freiheit internationalen Rückhalt und Bestätigung für ihren Weg.
Ansatz für die historisch-politische Bildung bietet der Vergleich der oppositionellen Unterstützung von damals und heute. Zu vergleichen sind die Gründe und die Wege der Migration in die Demokratie sowie die Formen der Unterstützung der Oppositionsbewegung im Heimatland. Welche Veränderungen gab es im Laufe der Jahre? Biografien von Migrant:innen damals und heute können helfen, die Veränderungen zu verbildlichen. Diese Biografien zeigen darüber hinaus auch die hohe Relevanz der Unterstützung von Demokratiebewegungen aus dem Ausland bis heute.
Titelfoto: Mauerverlauf Bouchéstraße / Harzer Straße in Berlin, 18. November 1989, Foto: Florian Schäffer, Wikipedia gemeinfrei