Sternsinger sind Gruppen von meist Kindern und Jugendlichen, die zwischen Weihnachten und dem 6. Januar von Tür zu Tür gehen, Segen aussprechen, Lieder singen und Spenden für wohltätige Zwecke sammeln. Die Kinder verkleiden sich unter anderem als die Heiligen Drei Könige – Caspar, Melchior und Balthasar. Das Kind, das Caspar darstellt, wurde der Tradition nach mit schwarzer Gesichtsfarbe angemalt. Ein Brauch, der seit Jahren als Blackfacing kritisiert wird.

„Hört auf, Diskriminierung mit Tradition zu rechtfertigen!“. So äußert sich die freie Autorin Fabienne Sand bereits 2018 in einem Artikel zur Debatte um die Verkleidung der Sternsinger. Fünf Jahre später wird das Thema noch immer diskutiert.

Was ist Blackfacing?

Im Glossar der Neuen Deutschen Medienmacher*innen wird Blackfacing als „eine rassistische und koloniale Bühnenpraxis, bei der meist weiße Darsteller*innen Karikaturen Schwarzer Menschen spielen“ beschrieben. Dazu gehörte das „Sprache, Tanz und Musik Schwarzer Menschen von Weißen mit angemaltem Gesicht und übertrieben dicken roten Lippen karikiert“ wurde.

Historischer Hintergrund – Minstrel Shows

Der Begriff und die Praktik des Blackfacings sind im Kontext der US-amerikanischen Minstrel Shows aus dem 19. Jahrhundert bekannt geworden. In Theateraufführungen und Shows verkleideten sich dort weiße Menschen als Schwarze basierend auf bekannten Stereotypen. Vor dem Publikum aus meist mittelständigen weißen Arbeiter*innen wurden Schwarze als einfältig dargestellt. Zudem verharmloste und romantisierte man in den Stücken die Sklaverei.

Titelblatt der Minstrel Show „Dandy Jim from Caroline“ von Dan Emmit, London, ca. 1844

Sternsinger – Eine Debatte die schon lange keine mehr sein sollte

Woher kommt die Tradition?

Der Brauch, einen der drei verkleideten Könige durch dunkle Gesichtsfarbe als Schwarz darzustellen, hat eine lange Tradition beim Sternsingen der katholischen Kirche. Doch woher stammt die Verkleidung?

Trotz der Beschreibung in der Bibel als drei „Weisen“ oder „Sterndeutern aus dem Osten“ setzte sich die Darstellung als drei Könige die Geschenke zur Geburt von Jesus überreichten, schnell durch. Diese drei Könige sollen Vertreter der drei zur Zeit der Entstehung des Brauchs bekannten Kontinente sein. In den meisten künstlerischen Darstellungen ist Caspar der afrikanische, Melchior der europäische und Balthasar der asiatische König. Seit etwa dem achten Jahrhundert wird Caspar deshalb als Vertreter des Kontinents Afrika als Schwarz dargestellt. Auf diesen Abbildern basiert die Tradition, einen der drei Könige beim Sternsingen mit schwarzer Gesichtsfarbe zu verkleiden.

„Kommt so, wie ihr seid!“

Bereits seit einigen Jahren spricht die offizielle Organisation des Sternsingens, das Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ die ausdrückliche Empfehlung aus, die Sänger*innen nicht zu schminken und stattdessen unter dem Motto „Kommt so, wie ihr seid!“ zu partizipieren. Auch vonseiten der katholischen Kirche selber, wie zum Beispiel vom Bund der Katholischen Deutschen Jugend gibt es eine deutliche Stellungnahme gegen das Blackfacing. Sie nehmen die Kritik an, dass die Tradition rassistisch und verletzend Schwarzen Menschen gegenüber ist und äußern, dass auch die vermeintlich gut gemeinten Intentionen der Verantwortlichen den Rassismus nicht rechtfertigen. Zudem sei ihrer Meinung nach die diskriminierende Verkleidung nicht notwendig, um die eigentlichen Werte der Aktion zu repräsentieren.

„Viel wichtiger ist doch, dass Kinder und Jugendliche den christlichen Segen zu den Menschen bringen und Spenden für benachteiligte und Not leidende Gleichaltrige in aller Welt sammeln. Darin steckt der wahre Wert des Sternsingens. Die Aktion ist bunt, lebendig und fröhlich – eben eine echte Aktion von Kindern für Kinder.“

Thomas Römer, Pressesprecher des Kindermissionswerks „Die Sternsinger“

Intern scheint man sich also offiziell einig zu sein: Es handelt sich nicht um einen harmlosen Brauch. Es ist Zeit, dass die Kirche sich selbstkritisch mit Rassismus beschäftigt und Traditionen kritisch hinterfragt werden.

© Kindermissionswerk

Gegenstimmen

Trotzdem ist es in einigen Gemeinden noch immer üblich, einen der drei Könige Schwarz zu schminken und viele schätzen den Brauch bis heute.

Von den meist konservativen Unterstützern der Tradition wird die Kritik am Blackfacing als „Cancel Culture“ gesehen, welche die „harmlose Tradition“ schlecht machen will. In Deutschland eröffnete unter anderem der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß die Debatte erneut in der Öffentlichkeit. Er kommentierte im letzten Jahr die bei vielen Sternsingern fehlende schwarze Gesichtsschminke und die Debatte an sich auf dem sozialen Netzwerk X:

„Jetzt droht den vielen Kindern, die als Sternsinger mit viel Freude und Stolz durch die Städte ziehen und Geld sammeln um damit Gutes zu tun, auch noch die identitäre Moralkeule“

CDU-Bundestagsabgeordneter Thomas Bareiß auf X

Trotz der öffentlichen Stellungnahme mehrerer Kirchenorganisationen gegen das Blackfacing schreibt er weiter: „Man kann nur hoffen, dass die Kirchenbasis diese schöne Tradition auch in Zukunft pflegt und sich nicht beirren oder gar einschüchtern lässt.“

In Österreich sollen Sternsinger-Gruppen mitunter sogar abgelehnt worden sein. Ohne die traditionelle Verkleidung mit schwarz geschminktem Gesicht solle man die Kinder wohl nicht als Sternsinger beziehungsweise als die Heiligen Drei Könige erkennen können.

Parallelen zu anderen Weihnachtstraditionen

Auch in den Niederlanden wird seit Jahren über eine Weihnachtstradition wie die der Sternsinger diskutiert. Zwarte Piet, der Helfer des Sankt Nikolaus, wird traditionell ebenfalls durch eine schwarz angemalte Person dargestellt. Gegen das Blackfacing wird ebenfalls seit Jahren demonstriert.

Quellen:
https://www.katholisch.de/artikel/50010-theologin-ueber-sternsinger-blackfacing-ist-kein-harmloses-brauchtum
https://www.br.de/nachrichten/kultur/sternsinger-warum-wird-weiter-ueber-blackfacing-diskutiert,U0OYmSq
https://www.sternsinger.de/fileadmin/bildung/Dokumente/dks/Zeitlos_dks_material/Sternsinger_Werkheft_2022_Auszug.pdf
https://www.bdkj.koeln/sternsinger/sternsingen-und-blackfacing.html
https://www.jetzt.de/religion/heilige-drei-koenige-blackfacing-als-sternsinger
https://www.sueddeutsche.de/bayern/toeging-dreikoenigssaenger-blackfacing-kulturelle-aneignung-1.5729785
https://www.zeit.de/zett/2018-12/blackfacing-zu-weihnachten-hoert-auf-diskriminierung-mit-tradition-zu-rechtfertigen
https://www.br.de/nachrichten/kultur/heilige-drei-koenige-wer-waren-kaspar-melchior-und-balthasar,SKf4P61
Titelbild: Zeitungs-Illustration der Sternsinger in Österreich, 1898

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