Migration im Comic und Graphic Novel

Comics sind mehr als nur farbenfrohe, lustige Kindergeschichten. Sie sind Teil gesellschaftlicher Auseinandersetzungen und bieten Einblicke in historische Ereignisse und kulturelle Themen.

In den letzten Jahrzehnten entstanden vermehrt Comics, die sich aktiv mit dem Thema Migration auseinandersetzen. Zu den bekanntesten und bedeutsamsten Vertretern des Genres „Dokumentarische Comics“ gehören beispielsweise Art Spiegelmans Maus, Joe Saccos Palestine oder Marjane Satrapis Persepolis. Sie alle beschäftigen sich auf ihre ganz eigene Art und Weise mit Migration. Obwohl bei Bildgeschichten zum Thema Migration der dokumentarische Stil dominiert, gibt es auch Ausnahmen, die Migration eher metaphorisch und auf einer fiktiven Basis angehen. Ein gutes Beispiel dafür ist Shaun Tans Werk Ein neues Land aus dem Jahr 2006. Auch wenn jüngere Leser angesprochen werden sollen, wird sich häufig der Fiktion bedient.

Ein neues Land von Shaun Tan
(The Arrival im englischen Original)

Comics können Menschen mit einer Flucht- oder Migrationsgeschichte die Möglichkeit geben, ihre eigene Geschichte zu erzählen und ihre Meinung auszudrücken. Projekte wie „Alphabet des Ankommens“ setzen sich dafür ein, Comics zu nutzen, um die Perspektiven von Menschen mit Migrationserfahrungen zu vermitteln. Über die Bildgeschichten können zum Beispiel Alltagserfahrungen, Erlebnisse und Anekdoten über das Leben in einem fremden Land verarbeitet und wiedergegeben werden. Das Medium bietet durch dessen besondere Vermittlungsweise eine einzigartige Chance für Leser*innen, sich in die Geschichte einzufühlen, sich mit Charakteren zu identifizieren, mitzufühlen und deren Erfahrungen mitzuerleben.

Comics in der Bildung

Bilder gelten als ein universell verständliches Medium, das unabhängig von Sprache funktioniert. Bereits in den 1970er und 80er-Jahren wurden deshalb Comics in Deutschkursen für Gastarbeiter*innen genutzt, da es anfangs an für diese Situation geeigneten Lehrmaterialien mangelte. Neben sprachlichen Kompetenzen werden aber auch gesellschaftliche Spielregeln wie Normen und Werte vermittelt. In Deutschland werden so Comics wie „Fit für den Rechtsstaat“ des Hessischen Justizministeriums in der Bildung für geflüchtete Menschen eingesetzt.

Blogreihe: Migrationsgeschichte in Bildern

In den kommenden Wochen werden wir einigen Comics und Graphic Novels in der Beitragsreihe „Migrationsgeschichte in Bildern“ unsere Aufmerksamkeit widmen.

Die ausgewählten Comics beschäftigen sich beispielsweise mit der Fremde, den Gründen für Flucht und Migration. Zudem mit Themen wie dem Ankommen, Integration, Identität und Trauma. Es werden sowohl Werke vorgestellt von Betroffenen, die ihre eigene oder die Migrationsgeschichte ihrer Familie erzählen, als auch von Beobachtern, die sich intensiv mit Migration und Flucht beschäftigen.

Literatur
https://www.comic.de/2020/03/fluchtwege-in-der-kultur-comics-und-migration/
https://www.ew.uni-hamburg.de/forschung/forschungsprojekt-des-monats/9-fpdm-september.html
Vuorinne, Anna/Kauranen, Ralf: Introduction. The Entanglements of Comics and Migration, in: COMICS AND MIGRATION. Representation and Other Practices, 2023, S. 1-41.
Rinnerthaler, Peter: Die Ästhetik der Vermittlung. Die Themen Flucht und Migration in Comics/Graphic  Novels, in: Flucht und Migration (Jahrbuch der Gesellschaft für Kinder- und Jugendliteraturforschung), 2017, S. 114-129. 
Grünewald, Dietrich: Der Traum vom besseren Leben. Das Thema Migration im Comic, in: Krieg und Migration im Comic. Interdisziplinäre Analysen, 2020, S. 21–52.
Titelbild: Collage aus den Covern der Comics/Graphic Novels "Madgermanes", "Ein neues Land", "Bella Ciao (Uno)", "Der Traum von Olympia", "The Best We Could Do" und "Der freie Platz"