In ihrem 2019 im Carl Hanser Verlag erschienenen Buch „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen. Aber wissen sollten“ beschreibt Alice Hasters den Alltag von schwarzen Menschen. Sie beschreibt, wie es sich anfühlt, wenn völlig fremde Personen einem ungefragt in die Haare greifen. Sie beschreibt, wie es sich anfühlt, ständig nach der eigenen Herkunft gefragt zu werden. Sie beschreibt ihre Gefühle, wenn Menschen das „N-Wort“ verwenden.
Hasters führt dem Leser anhand ihrer eigenen Geschichte vor Augen, was „People of Colour“ jeden Tag erleben müssen.
Alice Hasters
Alice Hasters wurde 1989 als Tochter einer schwarzen US-Amerikanerin und einem weißen deutschen Vater geboren. Sie ist die jüngste von drei Töchtern und wuchs im Kölner Stadtteil Nippes auf. Obwohl sie hier eine durchaus „multikulturelle“ Gesellschaft erfuhr, erlebte sie von ihrer Kindheit an auch Vorurteile und Stereotypisierung.
Diese Erfahrungen beschreibt sie in ihrem Buch anhand der Kategorien „Alltag“, „Schule“, „Körper“, „Liebe“ und „Familie“.
Mikroaggressionen
Zentral für Hasters Buch ist der Begriff der „Mikroaggressionen“. Hierbei handelt es sich um Aggressionen gegen People of Color, die zwar „mild“ sind, aber dennoch spürbar. Hasters beschreibt sie als kleine Verletzungen; vergleichbar mit Mückenstichen.
Es ist störend für eine schwarze, in Deutschland geborene Person , immer wieder die eigene Herkunft erklären zu müssen, so Hasters. Es ist verletzend zu sehen, wie alte Damen sich an ihren Handtaschen festklammern, weil sie Hasters für eine Diebin halten. Es sei zwar nicht existentiell bedrohlich, schreibt Hasters. Dennoch sind diese Erfahrungen schmerzhaft, lästig und vor allem stetig.
„Ich bin kein Nazi, aber…“
Alice Hasters macht die Erfahrung, dass viele Menschen nicht belehrbar sind. Ganz im Gegenteil. Teilt man mit, dass man sich von einer Handlung oder einer Zuweisung verletzt fühlt, so Hasters, kann dies unterschiedliche Reaktionen zur Folge haben. Die kritische Reflexion des eigenen Verhaltens zählt nur selten dazu.
Es ist ohnehin schwierig, mit weißen Menschen ein Gespräch über Rassismus zu führen, konstatiert Hasters. Rassismus ist ihrer Erfahrung nach schlichtweg ein sehr unbeliebtes Thema in Deutschland. Das liege vor allem darin begründet, dass Rassismus von den meisten Personen in die „rechte Ecke“ geschoben wird. Sie selbst hätten damit nichts zu tun. Auf dieses Verhalten verweist auch der Titel des Buches. Offensichtlich ist Rassismus in unserer Gesellschaft nichts, mit dem man in Verbindung gebracht werden will, so Hasters. Niemand wolle als Rassist gelten.
„Rassismus ist nicht nur Rassismus, wenn er böse gemeint ist“
Dabei ist gerade die Reflexion des eigenen Verhaltens existentiell, um rassistische Tendenzen in der Gesellschaft aufzubrechen. Es muss deutlich werden, dass Stereotypisierungen verletzend sind.
Dies gilt letztlich auch für diejenigen, die ja „positiv gemeint“ sind. So ist es ebenfalls rassistisch zu sagen, alle People of Color könnten „wahnsinnig gut tanzen“. Solche Annahmen löschen die einzelne Person aus und verweigern ihr eine eigene Identität, eigene Vorlieben und Fähigkeiten. Es handelt sich hierbei nur um die „Reproduktion von Zuweisungen“.
Intersektionalität
Interessant ist, dass Alice Hasters Buch sich nicht nur auf Rassismus als Diskriminierung beschränkt. Hasters beleuchtet auch die Verknüpfung von verschiedenen Diskriminierungen. Im Kapitel „Wütende schwarze Frauen“ stellt sie dar, dass eine schwarze Frau eben nicht nur aufgrund ihrer Hautfarbe benachteiligt wird. Durch ihr Geschlecht erfährt sie weitere Zuweisungen und Stigmatisierungen.
Fazit zu Alice Hasters Buch
Rassismus ist leider immer noch ein Teil unseres Alltags. Hier tritt er häufiger in Erscheinung, als wir es eigentlich wahr haben wollen. Alice Hasters Buch hat mir einen Einblick in den Alltag gegeben, den PoC erleben. Es hat mir gezeigt, dass so mancher „harmloser“ Kommentar, so manche „freundliche“ Nachfrage, eben doch einen schmerzhaften Haken haben kann.
Vor allem hat Alice Hasters mir eines ganz deutlich vor Augen geführt: Wir alle sollten und müssen unser Verhalten überdenken, wenn wir in einer pluralen, offenen Gesellschaft leben möchten.