Bella Ciao (Uno)“ ist der erste Band der dreiteiligen Graphic Novel Serie von Baru.

In mehreren episodenhaften Geschichten, die nicht unbedingt mit einander verknüpft oder chronologisch geordnet sind, erzählt „Bella Ciao (Uno)“ vom Leben italienischer Einwanderer in Frankreich. Während manche der Geschichten autobiografische Elemente haben, wurden andere aufgrund der historischen oder gegenwärtigen Bedeutsamkeit ausgewählt. Jede der Erzählungen hat zudem einen etwas anderen Zeichenstil. Sie variieren in der Farbgebung, also mal schwarz-weiß, mal in Farbe und sind unterschiedlich detailliert beziehungsweise realistisch gezeichnet. Begleitet werden die Handlungsstränge von historischen Einordnungen, Zeitungsausschnitten, Bildern, Dokumenten, Rezepten und Liedtexten. So macht die Graphic Novel eine Gratwanderung zwischen dokumentarischer Authentizität und künstlerischer Freiheit.

Trotz der vereinzelten Geschichten ergibt sich ein Gesamtbild: Sie alle erzählen von Einwanderung, Integration und Identität. Sie gehen der Frage nach, ob es möglich ist, sich als Fremder zu integrieren in die Gesellschaft, in die man eingewandert ist und welchen Preis man dafür bezahlt.

Handlungsstränge

Eröffnet wird die Graphic Novel mit dem Massaker von Aigues-Mortes im Jahre 1893. Die in der Compagnie des Salins du Midi angestellten italienischen Wanderarbeiter wurden von der ansässigen französische Bevölkerung angegriffen. Viele von ihnen wurden verletzt oder getötet (genaue Zahlen unbekannt), die Angreifer jedoch nie verurteilt.

Angriff auf italienische Arbeiter durch die Salzarbeiter von Aigues-Mortes (Gino Starace, 1893)

Die zweite Geschichte erzählt von der Kommunion des jungen Teo beziehungsweise wie er sich an diesen Tag erinnert. Seine Familie singt Bella Ciao und streitet sich, wie es sich für eine Familienfeier gehört, über Politik und über den Ursprung des Liedes. Später, als Erwachsene, unterhalten sich Teo und sein Cousin über fehlerhafte Erinnerungen und die Geschichte von Bella Ciao als (vermeintliche) Partisanenhymne.

Familie Martini wird den Leser*innen in der dritten Geschichte vorgestellt. Die in Frankreich lebende italienische Familie bekommt Besuch von zwei Funktionären. Der Sohn soll in die Armee eintreten und für Mussolini kämpfen. Als er dies hört, flieht er heimlich aus dem Fenster, um sich so schnell wie möglich einbürgern zu lassen.

Die Graphic Novel macht anschließend einen Sprung zurück zu Teos Kommunion. Er, sein Cousin und ihr Opa sprechen über Kleidung, Schuhe und andere Besitztümer und den Stolz auf was man hat und was man aus sich gemacht hat.

In der fünften Geschichte wird durch den kommunistischen Jungen Ezio und seine Familie veranschaulicht, wie der Faschismus in den 1930er Jahren die Gemeinschaft der italienischen Einwanderer in Frankreich spaltete.

Die abschließende Meta-Erzählung zeigt den Autoren Baru. Er reflektiert, woher die Geschichten in dieser Graphic Novel kommen und wie er sie verwendet. Nebenbei erklärt er auch, wie man Cappelletti macht.

Due e Tre

Teil zwei und drei von „Bella Ciao“ führen weiter, was der erste Teil begonnen hat. Mit bekannten wie unbekannten Gesichtern schildern sie die Schicksale der italienischen Exil-Community vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart.

Baru (Hervé Barulea)

Barulea, geboren 1947 in Thil (Lothringen), stammt aus einer Arbeiterfamilie und ist der Sohn eines italienischen Einwanderers und einer Französin.

Der ursprünglich als Sportlehrer tätige Barulea fand seinen Weg in die Comicszene erst recht spät in den 1970er Jahren. Das Zeichnen brachte er sich autodidaktisch bei. Unter seinem Künstlernamen Baru veröffentliche er seitdem zahlreiche, preisgekrönte Comics und Graphic Novels wie „Quéquettes Blues“, „WUT IM BAUCH“ und „HAU DIE BÄSSE REIN, BRUNO!„.

Seine Erzählungen handeln oft von Menschen aus der Arbeiterklasse und Personen mit einer Migrationsgeschichte. Themen wie Migration, Klasse, kulturelle Identität und Zugehörigkeit widmet sich der Autor in vielen seiner Geschichten.

Ich mache jetzt seit vierzig Jahren Comics, weil ich sie las und fast wütend dabei wurde, dass meine Leute, Leute meiner sozialen Klasse, die der Arbeiter und Fremden, niemals die Hauptrollen in diesen Geschichten spielten. Ich habe also beschlossen, da es sonst niemand tat, es selbst zu machen, und Geschichten in Bilder umzusetzen, in denen die Meinen im Mittelpunkt standen, die Wichtigsten waren.

Baru in einem Presse-Interview mit Comic.de

Titel: Bella Ciao (Uno)

Illustration & Text: Baru (Hervé Barulea)

Seiten: 136

Veröffentlichung: 2021 (auf deutsch im Verlag Edition 52)

Preis: 20 Euro

ISBN: 9783948755041

©2021 Baru, Edition 52

Quellen
https://www.saarbruecker-zeitung.de/nachrichten/kultur/der-lothringer-kuenstler-baru-legt-mit-dem-comic-bella-ciao-einen-grossen-wurf-vor_aid-56675679
https://www.comic.de/2021/03/maenner-von-klasse/
https://www.comic.de/2021/02/meine-arbeit-ist-nichts-anderes-als-ein-gruppenportraet-das-portraet-einer-klasse/
https://edition52.de/produkt/bella-ciao-band-1-baru-kopie
Titelbild: Cover Bella Ciao (Uno) ©2021 Baru, Edition 52