Postmigrantisch heißt soviel wie: nach der Migration. Demnach bezeichnet die postmigrantische Gesellschaft (von lateinisch post ‚hinter‘, ‚nach‘) eine Gesellschaft, die durch die Erfahrung der Migration geprägt ist. Der Begriff stammt aus der amerikanischen Literatur- und Kunstkritik. In Deutschland ist er bekannt geworden durch die Regisseurin Shermin Langhoff und ihr „Postmigrantisches Theater“. Seither prägt der Begriff immer wieder öffentliche Debatten. Das Wort „postmigrantisch“ ist übrigens nur als Adjektiv zu verwenden.
Postmigrantisch – die Gesellschaft mitgestalten
Postmigrantisch steht für den Prozess, die Gesellschaft nach erfolgter Einwanderung mitzugestalten. Wird Deutschland als Einwanderungsgesellschaft akzeptiert, werden Kategorien wie deutsch / nicht-deutsch bedeutungslos. Demnach müssen sich in einer postmigrantischen Gesellschaft auch Deutsche ohne Migrationshintergrund eingliedern. Dabei gilt es, die zuvor herrschenden Verhältnisse gemeinsam neu zu verhandeln.
Postmigrantisch als Begriff in der Soziologie
In der Soziologie wird der Begriff vor allem als Analyseperspektive genutzt. Der Begriff meint nicht, dass die Migration abgeschlossen ist. Vielmehr sind Soziologinnen und Soziologen der Ansicht, dass es nach erfolgter Migration zu sozialen und politischen Transformationen, Konflikten und Identitätsbildungsprozessen kommt. Diese Veränderungen und Prozesse müssen untersucht werden.
Fünf Merkmale der postmigrantischen Gesellschaft
Die Soziologin Naika Foroutan hat fünf Merkmale für eine postmigrantische Gesellschaft beschrieben:
- Die politische Anerkennung, eine Einwanderungsgesellschaft zu sein.
- Soziale, kulturelle, strukturelle und emotionale Aushandlungsprozesse über Rechte, Zugehörigkeit und Teilhabe von Migranten und Nicht-Migranten sowie daraus resultierende Gesetze und Gesetzesänderungen.
- Ambivalente Bewertung der Zuwanderung: Befürwortung und Ablehnung.
- Verflechtung von Personen und Organisationen mit und ohne Migrationsbezug.
- Polarisierung über Fragen der Zugehörigkeit und der nationalen Identität.
Naika Foroutan: Postmigrantische Gesellschaft. In: Heinz-Ulrich Brinkmann / Martina Sauer (Hrsg.): Einwanderungsgesellschaft Deutschland. Springer, Wiesbaden 2016, S. 239–247.
Noch mehr Begriffe und Ihre Bedeutung findet ihr unter dem Schlagwort „Glossar“.
Beim Versuch den Begriff „Postmigration“ für eine Tischvorlage mit eigenen Worten und geeigneten Quellen kurz und allgemeinverständlich zu umreißen, bin ich hier gelandet. Vielen Dank für diesen Glossareintrag, der meine eigenen Bemühungen quasi nicht mehr erforderlich macht. Aber eine Frage: Warum ist das Wort nur als Adjektiv zu verwenden? Gerade wenn man postmigrantische Diskurse in einen Zusammenhang mit dem Postkolonialismus stellt, erscheint es mir sinnvoll, den Begriff auch zu substantivieren („Postmigration“). Siehe z.B. hier (sofern externe Links im Kommentarfeld angezeigt werden): https://literaturkritik.de/geuer-alkin-postkolonialismus-und-postmigration,29036.html. Auch Naika Foroutan substantiviert wenn erforderlich: https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783839439166-004/html?lang=de . Sicher gibt es aber auch eine Argumentation für den ausschließlichen adjektivischen Gebrauch, dieser würde mich interessieren.